SUITE MODERABEL für vier Instrumentalisten
Dauer: 40 Min. | mögl. Besetzung: alle Instrumente, die in etwa den Tonumfang der Streichquartett-Instrumente haben | Sätze sind auch einzeln aufführbar | Auführungsmaterial vorhanden UA: Saarbrücken 1989, Fassg. für Streichquartett: Artus-Quartett Saarbrücken | Rundfunkaufnahme: Deutschlandfunk 1989
suite moderabel: moderabel 1, 2, 3 und 4 bilden die „suite moderabel“ für vier Instrumentalisten
Die "suite moderabel" beruht auf der Idee, universelle Kompositionen zu schaffen, deren allgemeine Struktur durch die jeweilige Besetzung konkreten Instrumentalcharakter annimmt. Zu der 1978 geschriebenen Komposition von "moderabel 1 - in der Vorstellung eines blassen Mondes zu spielen“ entstanden 1988 drei weitere Kompositionen, „um die Mitte“ (moderabel 2), „geschwungen Linie“ (moderabel 3), „magnetisch bewegt“ (moderabel 4), die ebenso wie moderabel 1 auf dieser Idee sowie auf der Symmetrieachse fis´ beruhen. Alle 4 Stücke bilden gemeinsam die „suite moderabel“ für vier Instrumentalisten und können in unterschiedlichen Besetzungen aufgeführt werden.
moderabel 1 - "in der Vorstellung eines blassen Mondes zu spielen"
(ca. 8 Min.)
moderabel 2 - "um die Mitte"
(ca. 8 Min.)
moderabel 3 - "geschwungene Linie"
(ca. 10 Min.)
moderabel 4 - "magnetisch bewegt"
(ca. 9 Min.)
Text von Volker Straebel zu Wallmanns "suite moderabel": >Die erste "moderabel"-Komposition entstand 1978 und knüpfte - wie später die gesamte Suite - an der Gedankenwelt von Wassily Kandinskys "Punkt und Linie zu Fläche" an. Wie auch mit einigen anderer seiner Arbeiten verfolgt Wallmann mit diesen Kompositionen die Idee, eine Reihe von Werken zu schaffen, die von unterschiedlichen Besetzungen realisiert werden können. Ihn interessieren dabei musikalische Strukturen, mit denen das Abstrakte und Konkrete sich als die zwei unterschiedlichen Seiten ein- und derselben Sache erweisen. In allen vier Kompositionen der "suite moderabel" spielen symmetrische Klang- und Zeitachsen eine gestaltbildende Rolle. So ist z.B. fis' in allen vier Kompositionen die Achse des vertikalen Klanggeschehens. Die relativ abstrakten kompositorischen Strukturen der "suite moderabel" erhalten ihre Konkretisierung und klangfarbliche Charakteristik durch die jeweilige Besetzung, die - entsprechend des jeweiligen Stimm-Umfangs - frei zusammengestellt werden kann. Besonders interessant ist es, wenn Teile dieser Suite in einem Konzert von unterschiedlichen Besetzungen realisiert werden (z.B. als KONZERT IN SPIEGELFORM). Denn dabei zeigt sich, wie weitgehend klangfarbliche Aspekte die Wahrnehmung von Struktur konturieren und trotzdem auf der universellen Ebene die gleichen Informationen transferieren.
"In um die Mitte (moderabel 2) wird die Symmetrieachse fis´ der „suite moderabel“ explizit hörbar. Auf dem fis´ entfaltet sich in verschiedenen Phasen der Komposition ein Kanon von Dauern, Klangfarben, Oktavierungen und Richtungsverläufen. Gleich zu Beginn wird auf der Grundlage der Zahlenrelationen 4-2-3 ein solcher Kanon zwischen den vier Instrumenten aufgebaut. Während dabei der Einsatz der fis-Töne mit den Dauern 4-2-3 rechtsherum verläuft, verlaufen die fis-Töne mit den Dauern 4 alleingenommen linksherum, sodass sich zu gleicher Zeit auf einem Ton zwei entgegengesetzte Richtungsverläufe vollziehen. (Die vier Instrumentalisten sind um das Publikum verteilt zu denken.) Nach einer Doppelrunde mit dieser Dauernreihe (4-2-3) erscheint im 36. Takt das gis´, nun allerdings in schnellen cresc.-decresc. –Schüben und nicht mehr kreisförmig, sondern zwischen den diagonal benachbarten Instrumentalisten 1 und 4 hin und her schwirrend. Schon im 48. Takt sinkt das kräftige gis´ auf ein blass strahlendes, wieder kreisförmig verlaufendes, e´ hinunter, das in den schemenhaft flüchtigen Klang vom 60.Takt mündet, der dem Schlussklang in Takt 279 entspricht. Nach einer erneuten 35-taktigen fis-Phase hören wir ab Takt 106 dann - in Spiegelung von Takt 36 - die schnellen diagonalen cresc.-decresc.–Schübe auf dem Ton e´ zwischen den diagonal benachbarten Instrumentalisten 2 und 3. Diesem schließt sich ein kreisförmiges gis´ an , das im Takt 129 - wie als Erinnerung - den gespiegelten Klang von Takt 60 hörbar werden lässt. Diese Klangstruktur wird dann (nach der Mitte in Takt 140) in verschiedenen strengen Umkehrungsvarianten aufgefächert hörbar (Takt 150 und folgende). Mit Takt 201 geht es in eine Variante des Anfanges, wobei hier das Dauernspiel gebrochen ist. Wir finden zudem nicht mehr die paarweise 17-taktigen Phasen (wie bis zu Takt 140) vor, sondern eine dreifach 17-taktige Phase, der sich eine 28-taktige Coda anschliesst. Die Gesamttakte der Komposition (es sind 280) deuten ebenso auf die Zahl 7, wie die 35-taktigen Phasen, die – unter Hinzufügung eines Taktes aus den jeweils paarweisen 17-taktigen Phasen hervorgehen.<
Südwestpresse Ulm/Tübingen 21.3.94 zu »suite moderabel« / "um die Mitte"
»Am Beginn des Abends die viersätzige »Suite moderabel« von Johannes Wallmann ... Als nähme das kompositorische Subjekt sich lauschend zurück, gebiert dieser Ton seine Oktave scheinbar aus sich selbst, kehrt zu sich zurück, und der folgende Sekundschritt wirkt in dieser Umgebung als großes, nie gehörtes Intervall. Aus ihm entsteht die Terz als flirrender, in sich bewegter Klang, und fast die einzige (halbtaktige?) schnellere Folge von drei Tönen leuchtet als Arioso hervor; als sei ein Wunschbild erfüllt, daß die Klänge von selbst sich erzeugen, von selbst sprechen, traumwandlerisch das Richtige geschähe.«
"suite moderabel" mit zwei unterschiedlichen Besetzungen als "KONZERT IN SPIEGELFORM" - Frankfurter Rundschau 12.06.1992 zur Uraufführung (Musik des 20.Jahrhunderts - Saarländischer Rundfunk): »... Dem Höhepunkt in Saarbrücken lagen dann wieder leise Klänge zugrunde: Das „Konzert in Spiegelform” von Johannes Wallmann. Wallmann kombiniert hier eigene Stücke zu einer Suite, die in zwei verschiedenen Besetzungen spiegelverkehrt wiederholt wird, fügt den einzelnen Sätzen Soli hinzu, und erzeugt so einen Mikrokosmos von Vexierbildern, die sich auch in ihrer Binnenstruktur scheinbar endlos spiegeln, ausgehend von der Achse eines einzelnen Tones. ...«