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ZEITSCHWINGUNG, 1993

Komposition für 12 Klangerzeuger (live oder elektronisch) von H. Johannes Wallmann [1993] ; Computerprogrammierung und Computertechnik: Oliver Scheel

 

ZEITSCHWINGUNG

ist durch die unterschiedlichen Kombinationen der Tonhöhen der sich verändernden Zeitschleifen quasi eine unendliche Musik, die - bei entsprechenden technischen Voraussetzungen - von einer Stunde bis unendlich gehen kann. Zu der Komposition wurden Texte von Julius T. Fraser, Friedrich Cramer, William Irwin Thompson sowie Hermann Hesse ausgewählt, die im Aufführungsraum gut lesbar zu sehen sein sollten.

Mit der Periodik von ZEITSCHWINGUNG, die sowohl linear als auch zyklisch ist, erweisen sich das lineare europäische Zeitverständnis und das zyklische asiatische Zeitverständnis nicht als Widersprüche, sondern als die zwei unterschiedlichen Seiten ein- und derselben Sache.

Zeit und Raum werden mit diesem Projekt als Parameter unterschiedlicher dynamischer Prozesse wahrnehmbar.

ZEITSCHWINGUNG/Version 1 - Klangskulptur

Die Klangskulptur ZEITSCHWINGUNG wird elektroakustisch realisiert und durch ein Computerprogramm gesteuert. Die jeweils auf den Aufführungsort eingestimmten Klänge der Tonhöhen (von der menschlichen Stimme bis zu synthetischen Klängen) sind über im Raum verteilte Lautsprecherboxen zu hören. Zwölf unterschiedliche Zeitschleifen und Tonhöhen werden überlagert. Jede Zeitschleife verläuft auf einer Tonhöhe. Alle Tonhöhen haben eine bestimmte Dauer, die mit den Dauern der Pausen zwischen ihnen korrespondieren. Die Pausendauern zwischen den Tönen einer Zeitschleife nehmen in Proportionen des Goldenen Schnitts kontinuierlich zu oder ab, wodurch ein meditatives Wechselspiel zwischen Klang und Stille entsteht. In der Mitte des Raumes entstehen durch die Überlagerung der 12 Zeitschleifen und deren Einzeltöne Rhythmen und Melodien. Die Zeitschleifen verändern sich im Verlauf des Projektes kontinuierlich, so dass eine dynamischer Prozess entsteht, durch den eine Wiederholung der gleichen rhythmischen und melodischen Konstellationen als ausgeschlossen gelten kann.
Zur Klangskulptur können Performances und Konzerte veranstaltet werden; z.B. RAUM IN/FÜR RAUM für Sopran(e), Klarinette(n) und Metronome (in der die o.g. Texte vertont sind), ANTIPHON ROTA/ANTIPHON SOLO, GLEICH DEN VÖGELN

Durch die immer neuen Konstellationen entsteht mit ZEITSCHWINGUNG 3 die räumliche Klangskulptur 
einer quasi unendlichen Musik, die in ihren  Zeitabläufen sowohl linearen als auch zyklischen Charakter 
trägt. Das linear-ereignishafte europäische und das zyklisch-statische asiatische Zeitverständnis 
zeigen sich dabei als die zwei unterschiedlichen Seiten ein- und derselben Sache.

ZEITSCHWINGUNG/Version 2 - Klanginstallation

Zwölf 2,40 m lange Kiefernholzstäbe, bespannt mit Klaviersaiten und zu sechs Zeichen angeordet, werden symmetrisch an den Wänden eines möglichst überakustischen Raumes angebracht. Gesteuert von dem speziell entwickelten Computerprogramm werden die 12 Klaviersaiten mittels 12 Elektromagneten entsprechend der oben beschriebenen Grundstruktur angeschlagen.

ZEITSCHWINGUNG/Version 3 - Klanginstallation

Klangskulptur von Johannes Wallmann in der Kuppel des Berliner Domes

10.-23. September 2000, täglich 9.30,10.30,11.30 bis
19.30 Uhr; jeweils 8 Minuten (ausser während Veranstaltungen)

9. September 2000, 18-19 Uhr,
Eröffnung und Uraufführung mit Ksenija Lukic, Sopran

23. September 2000, 18-19 Uhr
1-stündige Aufführung

Aus acht in der Domkuppel symmetrisch angeordneten Lautsprecherboxen ertönen Sopranklänge, denen zu bestimmten Zeitpunkten Möwenschreie beigemischt sind. Die einzelnen Töne und Klänge befinden sich auf 12 voneinander unabhängig verlaufenden Zeitschleifen, die nach Relationen des Goldenen Schnittes strukturiert sind. Die Zeitschleifen verändern sich - gesteuert durch einen Computer - periodisch und bewirken dadurch eine ständige Veränderung der Ton- und Klangkonstellationen.

Komposition: Johannes Wallmann
Computerprogramm: Oliver Scheel
Sopranstimmen: Ksenija Lukic / Susanne Serfling
Tonaufnahmen: Tonstudio Uli Knothe

ZEITSCHWINGUNG/Version 4 - instrumentale Aufführung

Von der Komposition ZEITSCHWINGUNG existiert eine Partitur, die von 12 Musikern zur Aufführung gebracht werden kann.

Uraufführung der Version 2 - Klanginstallation: 27.8. - 12.9. 1993 im Rahmen des Projektes RAUM IN RAUM von Johannes Wallmann / Rainer Dunkel |
Mitwirkende im Konzert am 5.9.1993: Sigune von Osten (Sopran), Ib Hausmann (Klarinette) | Veranstalter: Künstlerhof Berlin-Buch
Für freundliche Unterstützung der Uraufführung im Künstlerhof Buch 1993 sei der Stiftung für Kunst und Kultur NRW gedankt.

Presse

Westdeutsche Zeitung, Wuppertal, 23.9.1993
zu ZEITSCHWINGUNG - Komposition für live-elektronische Klangrealisation von Johannes Wallmann: „Kunst-Leben in der Hofaue, Designer, Architekten, Musiker und Erfinder öffneten ihre Ateliers... Dazu verhallt eine Klanginstallation von Johannes Wallmann, niemals endend und nicht störend; mit der Zeit nahm man den Klang wahr, als wäre er immer dagewesen.“

Berliner Morgenpost, 13.9.2000 zu Entrée / Zeitschwingung  von H. Johannes Wallmann

„Im Berliner Dom kam mit Johannes Wallmann jener Komponist zu Wort, der vermutlich am weitesten über den reinen Effekt hinaus den Raum kompositorisch emanzipiert hat. Das erste der zwei neuen »Entrées zum weltumspannenden Projekt »Außenklang-Innenklang« machte mit vier Fagotten des IO-Ensembles und zwei Sopranistinnen unsichtbare Raumstrukturen der riesigen Halle erlebbar. Die goldenen Klänge der Fagotte von den Emporen verwandelten sich im warmem Nachhall zu Glockentönen. Wallmann macht Musik zum Naturerlebnis.“

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