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DER BLAUE KLANG

Berliner Zeitung, 3./4.7. 2004, von Klaus Georg Koch

"... Wallmann hat den Park in neun Klang-Areale unterteilt, denen in der Komposition neun "Halbsätze" entsprechen, musikalische Einheiten, die wiederum in drei unterschiedlichen Abfolgen zusammengestellt sind. Und wie sich die Halbsätze dem Ohr des umherwandelnden Publikums in immer wieder neuen Konstellationen darbieten, so ist darauf geachtet, dass sich auch die Anordnung der Klänge verflüssigt. Vier Kähne, in denen kleine Chöre von Violinen, Baritonen und Sopranen sitzen, ziehen langsam über die Wasserflächen. Sie treten auf eher aleatorische Weise miteinander und mit den Klangposten am Ufer ins Verhältnis. Im Interesse der Harmonie hat der Komponist darauf verzichtet, eine diskursive oder expressive Musik zu schreiben. ... Und dann kommt es wirklich zu einer romantischen Entgrenzung der Wahrnehmung: Ein schwarzer Schwan schwimmt neben dem Boot der Baritone, eine weiße Ente begleitet das der Geigen. Von den Elbauen mischt sich das Geläut von Kuhglocken in den Klang; die über dem See untergehende Sonne durchkreuzt die Klangachse mit ihrem Gold. Ein Kuckuck ruft, ein Düsenflugzeug brummt, Blätter rauschen, vor dem Gotischen Haus schreien kehlig die Pfaue ins Spiel verstreuter Violinen. ... "Der Blaue Klang" verlässt ganz entschieden das Modell einer neuen Musik, die in geschlossenen Räumen mit dem Material verbundene Fragen verhandelt. Wallmann sucht ein reines Klingen. Dessen Musiker sind, befreit oder entmündigt, nicht mehr diskursive Subjekte wie in der Kammermusik, oder Hersteller eines Außerordentlichen wie in der Symphonik. Sie sind Ausführende, die Kraft ihrer Lungen, Arme und Finger die einzelnen Töne einer topographisch komplex notierten Harmonie erzeugen, deren Zusammenhang der Komponist wie aus der Vogelperspektive kennt."

 

Mitteldeutsche Zeitung, 5.7.04, von Andreas Hillger

"... Es ist ein seltsamer Zauber, der an diesem Abend über den Wipfeln und Wassern des Wörlitzer Gartens liegt. Es ist "Der Blaue Klang", der die Stille fordert. ... Wallmann pflanzt seine Musik mit derselben perspektivischen Sorgfalt, die ein guter Gärtner bei der Gestaltung seiner Anlagen aufwendet. Dabei nimmt er in Kauf, dass einige der Klänge nur als Hintergrund für andere, stärkere oder naheliegendere Reize wahrgenommen werden. In Wörlitz, wo Sichtachsen den Blick behutsam kanalisieren, wird dieses Prinzip überdeutlich. So gibt es Hörachsen, an deren Ende Musiker mit identischen Instrumenten warten. So gibt es Flächen, die von einheitlicher Klangfarbe umrissen werden. Und so finden sich variable Sänger-Boote, die den Wasserwegen durch die geordnete Landschaft folgen. In Wörlitz, wo Sichtachsen den Blick behutsam kanalisieren, wird dieses Prinzip überdeutlich. Was man nicht komponieren kann, wird dabei zum Ereignis: ... Wenn aus der Bariton-Gondel die Worte "Regen fällt" herüberklingen und in diesem Moment tatsächlich dicke Tropfen den See kräuseln, gewinnt der Zufall gestalterische Kraft. Dass sich Enten-Schnattern und Pfauenschreie nicht kalkulieren, wohl aber stimulieren lassen, haben die Musiker um den Dirigenten Golo Berg sowie die Sänger des Konzertchores Darmstadt bereits bei den Proben entdeckt ... Als einige Künstler am Ende fast ungläubig auf den Applaus reagierten, der ihnen auf den Wegen und aus den Gondeln gespendet wurde, hatte dies denn auch mit der eigenen Perspektive zu tun. Denn Wallmanns Stück, dessen komplexe Theorie die praktische Wahrnehmung eher behindert, braucht Bewegung zur Entfaltung. Und die war den 124 Mitwirkenden nicht gegönnt, während sie den rund 1000 Zuhörern eine altbekannte Landschaft in neue Farben tauchte - Regenbogen inklusive."

Volksstimme Magdeburg, 5.7.04

"Mit viel Beifall ist die Uraufführung der Freilicht-Komposition "Der Blaue Klang" von Johannes Wallmann am Sonnabend im UNESCO-Weltkulturerbe Wörlitzer Park bedacht worden. ... "Wir sind froh, dass der Ablauf so gut funktionierte und auch das Wetter fantastisch in der Komposition mitgespielt hat", sagte der Generalmusikdirektor der Anhaltischen Philarmonie Dessau, Golo Berg. Der in Berlin lebende Wallmann schuf das Werk in zweijähriger Arbeit im Auftrag der Kulturstiftung Dessau/Wörlitz und des Anhaltischen Theaters. Wallmann wurde 1952 in Leipzig geboren. Deutschlandweit bekannt wurde er 1995 mit seiner Glocken-Requiem-Komposition für die Dresdner Kirchen."

Zerbster Volksstimme, 6.7. 2004, von Stefan Mohr

" "Das Wetterrisiko unterstreicht die auf glückliche Umstände angewiesene Einzigartigkeit dieser Landschaftsklang-Komposition", kündigte der Komponist an. Das Wetter hat gehalten. In den Wörlitzer Anlagen haben am Sonnabend etwa 1300 Gäste ein außergewöhnliches Erlebnis genossen: die vom Anhaltischen Theater Dessau in Kooperation mit der Kulturstiftung DesaauWörlitz gestaltete Uraufführung von H. Johannes Wallmanns Landschaftsklang-Komposition "Der Blaue Klang". ... Mit und in jedem neuen Areal wurde der Besucher immer wieder auf´s Neue von optischen und akustischen Wirkungen und Eindrücken überrascht. "So bewusst habe ich den Park, obwohl ich ihn schon oft besucht habe, noch nie gesehen" sagte sichtlich bewegt ein älterer Oranienbaumer Gast. ... Größe Anerkennung all denen, die dieses unzweifelhaft monumentale Kunstwerk geschaffen und umgesetzt haben."

MDR-Figaro, 8.7. 2004, von Gisela Nauck

"... obwohl diese Areale von wechselnden Klangfarben, Instrumenten und Stimmen gegliedert waren, schien sich in diesen knapp drei Stunden nichts wirklich ereignet zu haben. Aufgrund der immer wiederkehrenden, musikalisch knappen Figuren von Ruf und Gegenruf, Repetitionen oder lang gehaltenen Tönen begegnete man vielmehr dem Gleichen in permanenten Variationen. So hatte die Korrespondenz von Sichtachsen, Punkten und Kreisformen im Park mit ähnlich abstrakten
musikalischen Strukturen zwar eine musikalisch-landschaftliche Einheit gestiftet, in der Musik aber auch Redundanzen erzeugt. Nur wenige Momente, in denen sich - etwa mitten auf dem See - Klangpartikel zu einer zarten Textur von ganz eigenem Zauber verbanden, ließen etwas von Wallmanns innovativen Schönheitsvorstellungen ahnen."

Mitteldeutsche Zeitung, 9.7. 2004, von Ilka Hillger:

"Blauer Klang" begeisterte das Publikum in Wörlitz "... Am glücklichsten scheint Dirigent Golo Berg freilich über die gelungene Uraufführung vom vergangenen Sonnabend zu sein. "Mir ist danach ein Stein vom Herzen gefallen", sagt er. "Wir hatten zwar alle eine Vision, von dem, was wir da tun, aber wir haben wirklich hoch gepokert." Das hat sich indes mehr als gelohnt. 1000 Besucher und noch einmal 300 Zuhörer ohne Karte verließen nach drei Stunden glücklich und nahezu beseelt von den Klängen den Park. Selbst das Regenintermezzo kaum für Berg "genau im richtigen Moment". Der schönste Augenblick wartete jedoch am Ende des Abends. "Es war wunderbar, als über 1000 Leute auf den Wegen und Gondeln im Park applaudierten", sagt er. Der große Erfolg vom "Blauen Klang" sollte nun die Veranstalter beflügeln, an einen weiteren Aufführungstermin zu denken."

 

Aachener Zeitung, 5.7. 04 zur Uraufführung DER BLAUE KLANG in den „Wörlitzer Anlagen“  am 3.7.2004:

“ Mit viel Beifall ist die Uraufführung ... von Johannes Wallmann im Unesco-Weltkulturerbe Wörlitzer Park bedacht worden.“

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